Samstag, 20. März 2010

Ein Tag. (Teil 1)

Morgens, 8 Uhr in Deutschland. Muffig suche ich mit verkrusteten Augen etwas konsumierbares in der Küche. Ich finde eine Tasse kalten Kaffee von gestern und bewege mich schlurfend in Richtung Computer, um wie jeden Morgen meine Routinetour durch die Wunderwelt Internet zu machen. E-mails lesen und beantworten, Profile kontrollieren und neue Blogeinträge und Webcomic-Episoden lesen. „Na toll.“ denkt mein noch schlaftrunkenes, wahres Ich, das sich so langsam aus seiner nichts sagenden Schale aus süßem Desinteresse schält. Denn dieses tolle Stück Technik tut, wie so oft, nicht das was ich will.
Die Barren des kleinen Empfangs-Symbol in der Leiste rechts oben auf dem Bildschirm meines sehr teuren Markencomputers aus Kalifornien wollen sich nicht füllen.
Ich hätte es wissen müssen.
Mein Horoskop von gestern hat allen Schützen die an einem bestimmten Tag im Dezember geboren wurden für heute einen schlechten Tag vorhergesagt. Ich muss zugeben das ich so langsam abergläubisch werde.
Ist es kosmisches Schicksal? Göttliche Intervention? Oder einfach nur eine saftige Pechsträhne... Ich sollte aufpassen! Ehe ich mich versehe, sitze ich auf einer Esoterik-Messe und halte Vorträge über die heilende Kraft von Küchenabfällen. Aber soweit wird es nicht kommen, denn ich habe andere Probleme.

„Wie soll ich denn jetzt über all die tollen „Vanessa und Chantall wollen dich kennenlernen“-Spammails amüsieren??“ frage ich mich selbst in dem jämmerlichsten Tonfall den meine innere Stimme hervorbringt, während mich die Fettaugen im kalten Kaffee traurig aus der Tasse anschielen. „Gar nicht.“ sagt der andere Teil meines gerade erwachten Bewusstseins.
Nun gut. Dann eben mal ein Tag ohne Internet. Die Telefongesellschaft wird wohl mal wieder irgendwo an den Leitungen herumschrauben. Meine innere Stimme lacht mich aus, als ich versuche mir zu überlegen was ich heute unternehmen könnte. Ausserdem ertappe ich mich immer wieder dabei, wie ich voller kindlicher Hoffnung den Internet-Browser kontrolliere ob nicht jetzt endlich wieder Empfang da ist. Vergeblich.
Langsam übermannt mich die Langeweile und ich schaue mich verzweifelt nach Unterhaltungsmöglichkeiten im Zimmer um. Mein Blick schweift über zerlesene Bücher, durchgespielte PC-Games, den Rattenstall (den ich gestern schon geputzt habe) und meine Ratten, die friedlich und ausserordentlich langweilig im Häuschen schlafen. Gar nicht so schlecht, wenn man den ganzen Tag schlafen kann. Mir gefällt die Idee, aber in Anbetracht meiner krankhaften Schlaflosigkeit und der bisher erfolgreichen Versuche diese in den Griff zu bekommen, verwerfe ich den Gedanken wieder. Ich packe mein Schweinewürfel-Set aus und beginne meinen eigenen Jahresrekord zu brechen.
14 Punkte. Meine Gedanken versumpfen im Stumpfsinn als mein Telefon klingelt. Freude, jauchzet und frohlocket! Für einen Moment möchte ich zu kitschiger Musik über eine blühende Alpenwiese mit Bergpanorama tanzen.
Die Freude verfliegt, als ich den Grund für den Anruf erfahre: die überaus unangenehm übereifrige Assistentin unseres Familienzahnarztes hat einen Termin auf heute verlegt. Also habe ich entgegen aller negativen Erwartungen an diesem Tag doch einen Grund mich aus meinem viel zu bequemen, blaukarierten Holzfällerhemd zu schälen und an die frische Luft zu gehen. Und sei es auch nur, damit ein sadistisch veranlagter Mediziner mir kaltes Metall in den Mund schieben kann.
Die Tortur dauert nicht lange, mehr Zahnseide und eine andere Zahnbürste werden mir geraten, das übliche. Als ich aus der Praxis trete, trage ich die sprichwörtlichen Arschtrittstiefel. „Das kanns doch nicht gewesen sein!“ Ich bin enttäuscht von diesem Tag, und noch mehr von mir selbst. Der Vormittag geht mit Sonnenschein zu Ende und ich beginne zu grübeln. „Du unkreatives Stück! Mach was!“

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